Das Close-Up eines blinzelnden Hundes, unterlegt mit weicher Musik.
Bilder eines kupierten Hundes mit Maulkorb, der grollt und versucht, in die Füße einer Person zu beißen.
Ein Bullterrier, der auf Signal krabbeln lernt.
Ein Rottweiler mit Maulkorb, der knurrend auf einen Kinderwagen zu prescht, von der Frau am anderen Ende der Leine am Halsband und der Lendengegend gepackt und durch die Luft gewirbelt wird.
Demselben hechelnden Hund, dessen Ohren inzwischen eng am Kopf liegen, nähert sich die Kamera solange, bis er es nicht mehr erträgt und auch sie zu attackieren versucht. Ein Grollen unterlegt den Schnitt auf eine Frau in der Nahen, die beschreibt, wie sie versucht hat ihr Kind vor einem Hund zu retten.

So beginnt die ARD Reportage „Wie gefährlich sind Kampfhunde?“ von Susanne Brahms und Rainer Krause, die am 13. August 2018 um 22:45 Uhr in der ARD zu sehen war.

Die Ausstellung

Die Autoren beginnen ihre „Reise durch Hundedeutschland“ auf einer Hundeausstellung.
Sie wundern sich über die geringe Größe der Tiere, die „alle wohlerzogen, zum Teil sogar niedlich“ erscheinen, missdeuten die Gebisskontrolle des Ringrichters als Gefährlichkeitsprüfung und empfinden das Schmusen der Menschen und Hunde als demonstrative Gestik.

Nach Gesprächen mit den „nicht immer niedlichen“ Haltern und Züchtern der American Staffordshire Terrier kommen sie zu dem Schluss: „Wer einen Hund aus einer kontrollierten Zucht kauft, bekommt also vermutlich keine Kampfmaschine“.

Weniger polarisierend und munkelnd hätte man das kaum formulieren können.
Hunde sind niemals Maschinen, schon gar keine „Kampfmaschinen“. Auch ein Hund mit extremer Aggressionsproblematik ist immer noch ein Hund, ein Lebewesen mit Bedürfnissen und Grenzen. Das wird auf Kosten der Polemik mal eben schnell unter den Tisch fallen gelassen.
Dazu kommt: Ein seriöser Züchter wird niemals auffällig aggressive Hunde zur Zucht nutzen. Das ist nicht bloß illegal, sondern auch mehr als kontraproduktiv für das Zusammenleben mit den Tieren.

Ich bin so frei, diese Aussage zu korrigieren: „Wer einen Hund aus einer kontrollierten Zucht kauft, bekommt also vermutlich einen gesunden Hund.“

Hundeattacken

Hundeattacken gibt es leider immer wieder, ca. 4 Menschen sterben jährlich durch Hundebisse oder -stöße.
Seit in Hamburg 2000 der kleine Volkan von zwei Hunden getötet wurde, bekommen diese Fälle eine enorme mediale Aufmerksamkeit.
Der Fall Volkan wird auch erwähnt – interessanterweise mit inhaltlich ganz anderen Ergebnissen, als meine Recherche sie ergab.
„Später im Prozess kam heraus, die Hunde, die Volkan getötet haben, waren gar nicht für Hundekämpfe scharf gemacht. Im Gegenteil, die junge Besitzerin hatte den Hund wie ein Baby behandelt und immer mehr die Kontrolle über das Tier verloren. Am Schluss haben die Halter sich mit den bissigen Hunden kaum noch aus dem Haus getraut. Bis heute haben sich die Familien des Opfers, aber auch die der Halter, nicht vom Unglück erholt. Beide Seiten lehnten unsere Interviewanfragen ab.“

Kein Wort darüber, dass der Halter des Hundes „Zeus“ und sein Tier bereits mehrfach auffällig geworden waren, da Zeus bereits vorher vielfach Hunde verletzt hatte. Für den Hund war bereits ein Leinen- und Maulkorbzwang angeordnet worden. Auch das Hündin „Gipsy“ bereits zuvor ein Kind verletzte wird hier nicht erwähnt.
Der Bericht lässt den Angriff als unerwartet erscheinen. Das war er nicht.
Dazu gibt es auch eine ARD Quelle: Kampfhundopfer Volkan – Protokoll eines vorhersehbaren Todes (Abgerufen am 14.08.2018).
Schade, dass die Autoren diese nicht gekannt zu haben scheinen.

Es wird auch über Chico berichtet. Der Mischling biss im April 2018 in Hannover seine beiden Halter tot, ein konkreter Auslöser für den Angriff wurde nicht bekannt.
Der Hund wurde eingeschläfert.

Wir erfahren von einem weiteren Hundeangriff, diesmal bei Rostock.
„Die Parallelen zum Fall Volkan sind unverkennbar. Die gleiche Hunderasse ist beteiligt. Wie in Hamburg riss sich der Hund einfach los und suchte sich ein Kind als Opfer“ berichtet der Sprecher.
Nach meiner Recherche ist das so nicht richtig. Die Hamburger Hunde sollen trotz angeordneten Leinenzwangs ständig unangeleint unterwegs gewesen sein. Losreißen mussten sie sich demnach nicht. (Nachzulesen hier: Kampfhund-Prozess: „Ich konnte den Hund nicht mehr halten“, abgerufen am 14.08.2018).

Tatsächliche Parallelen: Der Angriff richtete sich gegen ein Kind und lässt sich nicht durch eine vorhergegangene Provokation vonseiten des Opfers erklären, wahrscheinlich handelte es sich um Jagdverhalten.

Der Beitrag über die Familie in Rostock zeigt, was eine Hundeattacke einer Familie antut. Diese Darstellung halte ich für wichtig – als Hundehalter muss man sich der Tatsache bewusst sein, welche Verantwortung das Halten eines Hundes bedeutet. Nicht nur dem Hund, sondern auch seinen Mitmenschen gegenüber.

Aus dem Statement der geschädigten Mutter aus Rostock („…und habe erfahren, dass sie den Hund begutachtet haben, der Hund als gefährlicher Hund eingestuft wird, aber er weiterhin bei seiner Halterin verbleiben darf. (…) …und auch dauerhaft wieder hier her kommen kann und damit eine Bedrohung für uns darstellt“) ergeht bei mir der Eindruck, dass die Halterin des fraglichen Hundes viel zu wenig tut, um der Familie die Sicherheit zurückzugeben, welche durch die Fahrlässigkeit der Hundehalterin zerstört wurde.
Die Stellungnahme des zuständigen Tierheimes, demnach der Hund „nur zugeschnappt“ habe, ist in Anbetracht schwerer Verletzungen eines Kindes unmöglich nachzuvollziehen und wirkt geradezu bösartig. Sie wirft kein gutes Licht auf das Tierheim.
Wirklich spannend wäre an dieser Stelle gewesen, die Position der betreffenden Hundehalterin zu hören. So bleibt es eine einseitige Berichterstattung – und auch ich kann nur einseitig meine Schlüsse ziehen, die in dieser Hinsicht sicherlich nicht das ganze Bild zeigen.

Hundetrainerin Swetlana Frenk schlägt in die Rangordnungs-Kerbe: Der Hund sei sehr respektlos und dominant Menschen gegenüber. Das Dominanz nicht das ist, was Hunde antreibt, scheint Ihr nicht bewusst zu sein.
Umso schlimmer ist in diesen Zusammenhang ihre Aussage, dass die „anti-autoritäre“ Erziehung des Hundes zu seiner Aggressivität beigetragen hätte.
Es muss an dieser Stelle offenbar immer wieder gesagt werden: Nicht mangelnde Autorität und Druck schaden Hunden, sondern mangelnde Konsequenz und fehlendes Fachwissen.
Wer zum Thema Dominanz, Rudelführerschaft und Rangordnung mehr lesen möchte, für den habe ich hier einen Artikel.
Zu den Fällen Chico und Volkan habe ich einen eigenen Beitrag verfasst: „Wenn Hunde Menschen töten„.

Hellhound Foundation

Die Autoren stellen die Hellhound Foundation vor: „In der Hellhound Foundation in der Lüneburger Heide landen die schwierigen Fälle. Alle diese Hunde, übrigens nicht nur Kampfhunde, sind auffällig geworden. Besitzer oder Tierheime kamen mit Ihnen nicht mehr zurecht.“
Die Autoren benutzen den Begriff Kampfhunde ganz selbstverständlich, als wäre das eine tatsächliche Einteilung bestimmter Rassen – und sagen „nicht nur Kampfhunde“, während sie diverse Hunde zeigen, von denen keiner eine sichtbare Verwandtschaft zu den gerne als „Kampfhunden“ bezeichneten Rassen aufweist.

Die Autoren stellen uns Vanessa Bokr, Leiterin der Hellhound Foundation, und Apollo vor, einen Rottweiler. Der Rüde hat bereits gebissen und soll an Reize herangeführt werden, die seine Aggression auslösen. Vom Sprecher erfahren wir, dass auch die Kameras sein Stresslevel erhöhen.

Der Hund darf zunächst auf einem Kinderwagen herumklettern, wird dann am Halsband gepackt und heruntergezogen.
Mal darf er näherkommen, mal wird er zurück geruckt, dann darf er wieder heraufklettern. Wir erfahren, dass er den Kinderwagen zerstören würde, trüge er keinen Maulkorb.
Als er auf Abstand gezogen wird und grummelt, wird er wieder an der Flanke gepackt und zeitgleich am Halsband hochgezogen. Dies scheint eine gängige Umgangsform der Hellhound Foundation mit ihren Hunden zu sein, die wir auch später noch einmal sehen.
Der Grund für seine Reaktion sei unbekannt, sein Vorbesitzer scheint keine Kinder gehabt zu haben. Eine Sozialisation auf Kinderwagen scheint dem Tier also zu fehlen.

Im Folgenden soll der Kinderwagen einen Bogen fahren: Apollo erhebt sich, macht jedoch einen Schritt zurück – weg vom Kinderwagen. Dennoch wird er wieder in die Flanke gepackt und weggezogen, er schreit auf und versucht sich zu verteidigen.
Regelmäßig zeigt der Hund Stress- und Beschwichtigungssignale, hechelt, leckt sich über die Lefzen.
Er steht auf und schaut nach oben zu Frau Bokr, die ihn an der Leine hält, wird von ihr jedoch mit weiteren „Lass es!“ und „Nein“s bedacht und am Halsband zurückgezogen.
Schließlich springt er auf sie los und versucht wieder, sie zu beißen.
Als Reaktion darauf lässt sie ihn am Halsband mit dem Oberkörper in der Luft hängen, er stützt sich mit der Pfote an ihrer Hand ab.
Als er herunter kommt leckt er sich wieder über die Lefzen.

Die Erklärung die wir hören: Aus Frustration folgende Aggression gegen die Frau, da sie eingreife.
Theoretisch kommt so etwas durchaus vor. Was wir hier jedoch sehen, stimmt nicht mit der Erklärung überein. Der Hund wich vom Auslösereiz, dem Kinderwagen, zurück, wurde jedoch sofort gemaßregelt. Augenscheinlich ist eine Distanzvergrößerung zum Auslöser auf seinem Lehrplan ein No Go. Auch sein Versuch, Blickkontakt aufzunehmen, wird sofort bestraft.
Was hier völlig außer Acht gelassen wird: Was wir als Strafe für ein unerwünschtes Verhalten verstehen, ist für den Hund nichts Weiteres als ein Angriff. Nach einer gewissen Menge an hingenommenen Schmerzen ist es eine völlig normale Reaktion, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Das hat in erster Linie nichts mit dem Frust zu tun, nicht zum Kinderwagen zu dürfen – sondern betrifft eher den Frust, vom Menschen angegriffen zu werden, ohne eine Handlungsoption zu haben, welche das verhindert.

Abgesehen davon, dass Training über Schmerzreize immer unangebracht ist, ist es gerade bei einem Hund mit aggressiver Vorgeschichte ein fataler Fehler. Es verschlimmert in jedem Fall die Beziehung zwischen Mensch und Hund – zudem vermittelt es dem Hund keinerlei Information, außer „Menschen sind bereit, Dir Schmerzen zuzufügen“. Sehr viel hilfreicher wäre für so einen Hund jedoch eine Erfahrung à la „Kinderwagen sind total harmlos, dran vorbei gehen ist cool“ und „Menschen kann man vertrauen“. Schmerz baut jedoch kein Vertrauen auf.
Und zu guter Letzt: Selbst, wenn ich unbedingt über Schmerz arbeiten will, dann sollte ich es verdammt nochmal richtig machen. Das bedeutet: konsequentes Handeln! Der Hund darf nicht zum Kinderwagen? Dann lasse ich ihn nicht zweimal hin und ziehe ihn dreimal weg. Dann darf er NICHT zum Kinderwagen. Und dann bestrafe ich das Verhalten was nach vorn geht, nicht die Tatsache das der Hund es gewagt hat, sich zu bewegen!
Was wir hier sehen, hat im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nichts zu suchen. Denn so arbeitet man nicht mit Hunden, die noch einmal ein normales Leben führen können sollen.

Das nächste Mal, dass wir Apollo zu Gesicht bekommen, geht er an der Leine voraus. Er zieht stark, die Rute trägt er zwischen den Hinterbeinen eingeklemmt, immer wenn der Zug zu viel wird, wird er zurückgezogen, wieder ist Lefzen lecken zu beobachten. Die Ohren trägt er zurückgelegt. Als er den entgegen kommenden Kinderwagen hinter sich lässt, entspannt sich seine Haltung ein wenig.
Augenscheinlich ist dieser Hund enorm gestresst. Was helfen würde: Ihm sagen, was von ihm erwartet wird, anstatt ihn zurückzuzerren. Ihm Selbstsicherheit zu vermitteln, statt ihn einzuschüchtern.

Es folgt eine Halbtotale mit Apollo und Vanessa Bokr. Sie streichelt den Hund an den Hinterläufen, er hechelt, das Weiß in seinen Augen ist zu sehen, er wendet den Kopf hin und her, leckt sich wieder über die Lefzen.
Wir erfahren, dass Apollos Chancen auf eine Vermittlung schlecht stehen – und der Sprecher ergänzt, es gibt also auch Hunde die nicht mehr resozialisierbar sind.

Vanessa Bokr erklärt: „Also bei solchen Hunden, die halt eh schon schlechte Nerven haben, und sag ich mal, wegen Verhaltensauffälligkeiten hier sind, trainieren wir maximal so fünf bis zehn Minuten und dann ist aber auch wirklich gut, sonst machen wir die Probleme nur schlimmer als sie eh schon sind. Weil, irgendwann ist das Lernen auch vorbei und dann ist nur noch Stress“

Ein wirklich guter Gedanke.
Wie das Packen und Herumwirbeln, Zerren und Schmerzen zufügen den Hunden jedoch überhaupt helfen soll, oder wie ein Hund unter diesen Bedingungen auch nur eine Minute lang gut lernen können soll, bleibt unklar.

Auch wenn ich ihren Umgang mit Hunden nicht schätze, hat Vanessa Bokr mit folgendem Recht: Hunde haben nun mal Zähne. Hat ein Tier unentdeckte Verletzungen und Schmerzen, kann es zu unerwarteten Reaktionen kommen. Hunde sind keine Maschinen, weder gute, noch schlechte.

Wir hören auch von dem – eigentlich durchaus wichtigen – Thema der Vermenschlichung:
Vanessa Bokr erzählt uns, Hunde würden weder Missgunst noch Misstrauen empfinden und auch kein Mitleid verstehen.
Hunden ihre Gefühle abzusprechen – das war schon out, als ich noch 14 war.
Es ist längst bewiesen, dass Hunde Empfindungen haben, die sich sehr gut mit unseren Gefühlen vergleichen lassen – und vor allem, dass sie unsere Emotionen identifizieren und nachempfinden können. Die Definition von Empathie und „Mit-Leid“.

Reale Probleme von Vermenschlichung zeigen sich in Aussagen wie:
„Der weiß genau das er das nicht darf!“, „Man sieht ihm das schlechte Gewissen an!“ und „Die tut nur so, als ob sie Angst hat“.
Hunde können sehr gut mit Regeln leben – wenn sie ihnen vernünftig vermittelt wurden und sie sie verstehen.
Und der Hund, der sich kleinmacht wenn Frauchen heimkommt nachdem er die Wohnung demoliert hat? Der hat kein schlechtes Gewissen, der beschwichtigt um Frauchens Zorn zu entgehen.
Und Hunde „tun nicht so“ als ob sie Angst hätten. Auf solche Ideen können wirklich nur Menschen kommen. Wortwörtlich, denn so ein abstraktes Denken ist Hunden nicht möglich.

Illegale Haltung

Eine Hundehalterin aus Bremen wird unter dem Namen Katharina S. vorgestellt, sie besitzt einen American Staffordshire Terrier und einen Pitbull.
Ihr Umgang mit beiden Hunden wirkt gedankenlos, naiv. Natürlich darf man zu Recht stolz sein, falls man seine Hunde gründlich sozialisiert und gut erzogen hat.
Rücksicht auf seine Mitmenschen und gerade auch ängstliche Kinder zu nehmen ist jedoch selbstverständlich – egal, welche Art von Hund man hält. Sie hingegen scheint absichtlich nichts darauf zu geben – ob ihr bewusst ist, was sie dem Ruf ihrer Rassen damit antut?
Der Junge, der dabei ist, wird im Spiel von einem der anderen anwesenden Hunde umgerissen. Aggression steckt da nicht dahinter, als Halter sollte ich solche Situationen jedoch verhindern – und daran trainieren, wenn es bereits vorgefallen ist, denn auch durch Stürze können sich gerade ältere Menschen schwer verletzten.

Die Frau sagt, ihre Hunde würden niemals beißen. Das ist schlicht unverantwortlich und falsch. Was sie damit wahrscheinlich sagen will: Ihre Hunde würden niemals unprovoziert zubeißen.
Jeder Hund hat jedoch Grenzen. In Bedrohungssituationen oder im Falle eines Angriffs wäre Zubeißen ein normales Verhalten. Sich dessen bewusst zu sein gehört zu den Pflichten jeden Hundehalters. Auch Menschen mit einem guten Charakter können gewalttätig werden, wenn sie nur lange genug getriezt oder gar attackiert werden.
„Nie“ ist ein Wort, das in diesem Zusammenhang schlicht unangemessen ist.
Dazu kommt, dass die Frau sich auch noch offen über das Bremer Haltungsverbot hinwegsetzt.
Ein gutes Bild der Halter von sogenannten Kampfhunden gibt sie alles in allem nicht gerade ab.

Politischer Standpunkt
Der Innensenator Bremens (Ulrich Mäurer, SPD) wird mit den Aussagen der Frau konfrontiert, die anscheinend guten Kontakt zu einem Polizisten hegt, der um die Übertretung des Hundeverbotes weiß und untätig bleibt.
Leider hat er keine zufriedenstellenden Antworten.
Ein Polizist schert sich nicht um die Einhaltung der Gesetze – dazu sagt er gar nichts.
Und mein persönliches Highlight: Von Tieren aus dem Tierschutz gehe angeblich keine Gefahr aus. Schließlich gelten für ihre Haltung diverse Auflagen.
Diese Aussage darf so nicht stehen bleiben.
Viele Hunde entwickeln durch – für sie oft traumatische – Tierheimaufenthalte erst Verhaltensauffälligkeiten. Da wäre es deutlich ungefährlicher, die Haltung vom Welpenalter an wieder zu gestatten.

Auflagen galten für die Hunde „Zeus“ und „Gispy“ im Übrigen auch. Geholfen haben sie nichts.
Wenn man gerade jemanden zu Gesicht bekommen hat, der vor laufender Kamera erklärt, wie er sich über das Haltungsverbot seiner Hunde hinwegsetzt und das der zuständige Beamte des Bezirks damit einverstanden sei – dann kann man doch nicht ernsthaft „Auflagen bei der Haltung“ als effektives Sicherheitsversprechen anbringen.
Sicherheit bieten gut geschulte, verantwortungsbewusste Hundehalter. Keine Regeln, deren Einhaltung nicht überwacht wird.

SPD-Senator Mäurer betont, dass man nicht alle Hunde gleich behandeln dürfe – da stimme ich ihm zu. Hunde, die sich als gefährlich erwiesen haben, sollten zügig therapiert und ihr Fortschritt überwacht werden – egal, welche Größe oder Abstammung sie haben.

Was ich dem Mann zu Gute halten muss: Offenbar ist er der einzige Politiker, der überhaupt den Mut hatte, sich für die Reportage zu Wort zu melden. Was kein gutes Bild auf seine Kollegen in den anderen Bundesländern wirft.

Tierheim Mainz

Tierärztin Dr. Kathrin Roiner wird vorgestellt. Sie berichtet von den Schicksalen der Hunde im Tierheim Mainz.
Sehr bezeichnend: die Geschichte von Bolle. Der Hund wurde geschlagen und griff vermutlich deshalb an.
Schmerzreize lösen bei Hunden nicht gerade den Wunsch nach Kooperation und gemeinsamen Aktivitäten aus, wie auch Apollo bereits früher im Film zeigt.

Am Beispiel von Mikey, einem kupierten Hund der gleich zwei Maulkörbe übereinander trägt*, wird uns eine klassische Ressourcenverteidigung gezeigt.
Es wird erklärt, dass der Hund seinen Napf verteidigt. Zuerst sehen wir jedoch, wie Mikey trotz einer bereits sehr nahestehenden Person weiterfrisst. Eine tolle Leistung für einen Hund der Ressourcen verteidigt, die gelobt werden sollte.
Erst als er aktiv beim Fressen gestört und mit dem Bein weggeschoben wird, reagiert der Hund aggressiv. Er versucht durch den Maulkorb in den Fuß zu beißen und knurrt – kein Wunder, bei einer derartigen Grenzüberschreitung, die wahrscheinlich nur fürs Fernsehen gezeigt wurde.

* Was ich im Übrigen für vernünftig halte.

Beiß-Statistik

Die Beiß-Statistiken über die Dr. Roiner berichtet, sind hochspannend – schon allein die Verhältnisse der Zahlen zueinander sprechen Bände.
In der Hamburger Statistik von 2017 wird der erste Platz vom Schwedischen Lapphund belegt, von dem es in der Stadt nur einen gemeldeten Hund gibt, der zugebissen hat. Damit haben alle Hunde dieser Rasse zugebissen, also 100%.
In der NRW Statistik von 2016 dagegen belegt Platz eins der Mastino Espanol, mit 30 gemeldeten Tieren, von denen eines zubiss. Platz Eins belegt hier also eine Rasse, deren Vertreter nur mit 3,33 prozentiger Wahrscheinlichkeit zubissen.
Es wäre sehr interessant gewesen, genauer auf diese Statistiken einzugehen – welche Unterschiede zeigen sich zwischen den einzelnen Jahren, den einzelnen Bundesländern, den einzelnen Rassen?
Leider wird das Thema nicht näher beleuchtet.

Frau Dr. Roiners Arbeit findet man übrigens hier: Beißvorfälle unter Berücksichtigung der Hunderassen in Deutschland und Umfrage bei Hundebisspatienten in vier Berliner Kliniken (abgerufen am 20.08.2018).

Kinderchirurgische Erfahrungen

Mit den Fotos blutiger Wunden gestaltet sich die Überleitung in die Kinderchirurgie zu Prof. Dr. Karin Rothe recht unangenehm. Ihr Beitrag ist jedoch sehr interessant. So erfahren wir, dass 90% der Hundebisse mit dem eigenen oder einem bekannten Hund Zustandekommen, das Zwei-Drittel aller Hundebisse Kinder treffen und das auch kleine Hunde dramatische Verletzungen hervorrufen können.

Oftmals werden kleine Hunde als ungefährlicher als große Hunde betrachtet, da sie aufgrund geringer Körpergröße und niedrigen Gewichts einfacher zu handhaben sind. Auch sind ihre Schnauzen kleiner, sodass sie tendenziell weniger große Wunden reißen können. Aufgrund dessen neigen manche Menschen dazu, ihnen mit weniger Umsicht zu begegnen; oft genug sind kleine Hunde auch ängstlich, da dies als nur unwesentliches Problem wahrgenommen wird. Aus Angst kann jedoch, wenn z.B. die Flucht vor einem Kleinkind nicht möglich ist, leicht Aggression als Selbstschutz hervorgehen.

Das bei solchen Angriffen z.B. Finger und Nasen vollkommen zerstört werden können, muss man auch als Kleinhundehalter wissen.

Erfahrungen der TiHo
Hansjoachim Hackbarth von der Tiermedizinischen Hochschule Hannover berichtet von den Wesenstests der niedersächsischen Listenhunde. Nachdem 2000 neue Gesetze in Kraft traten mussten alle gelisteten Hunde einen Wesenstest bestehen. Das Ergebnis der zahlreichen Überprüfungen: Die Gefährlichkeit eines Hundes ist nicht rasseabhängig.

Eine von Dr. Hackbarth betreute Arbeit zu diesem Thema ist Folgende:
Untersuchung des Verhaltens von 5 Hunderassen und einem Hundetypus im Wesenstest nach den Richtlinien der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000 (abgerufen am 22.08.2018).

Rangordnung?!

Hansjoachim Hackbarth von der TiHo Hannover hat völlig Recht, wenn er sagt, dass Kinder Hunde oft nicht verstehen können und sich auch aufgrund dessen oft schwerwiegende Missverständnisse ereignen.
Die Behauptung jedoch, eine Umarmung sei eine „ranganmaßende Maßnahme“ ist von traurigem Unwissen geprägt, das gerade bei einem Tierarzt, der die Gefährlichkeit von Hunden einschätzen darf, nicht nachvollziehbar ist.*
Das Hunde untereinander, oder zwischen sich selbst und Menschen, eine „Rangordnung“ zu etablieren versuchen, ist ein veraltetes Denkmodell, über das die moderne Wissenschaft lange hinweg ist.
Es ist sehr schade, dass solche Thesen noch immer vertreten und unwidersprochen im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt werden können.
In meinem Beitrag Warum ich kein Rudelführer bin, gehe ich genauer auf das Thema ein.

* Ich wurde darauf hingewiesen, dass Professor Hackbarth mit „Rang“ womöglich etwas anderes meint, als ich. Die Nutzung des Wortes „Rang“ im Kontext „Rang: Familienangehöriger“, „Rang: Fremder“, unabhängig von einem Hierarchiegedanken, scheint mancherorts gängig zu sein. Für mich war das neu (und bei allem was in Richtung Rang & Dominanz geht habe ich sehr hellhörige Ohren). Sollte seine Aussage so gemeint sein, ist auch meine Kritik an der Stelle falsch adressiert.

Fazit der Autoren

Traurig ist der Wunsch, mehr Menschen sollten Katzen und Vögel halten, da diese bei mangelnder Sachkunde und falscher Haltung weniger gefährlich würden.
Aus meinen Kindheitserfahrungen mit Katzen kann ich berichten, dass auch Katzen nicht immer ganz ungefährlich sind, bloß weil sie kleiner bleiben als viele Hunde.

Zum Ende erfahren wir: „Kampfhunde, so der Stand, sind nicht gefährlicher als andere Hunde. Doch sicher ist das nicht. Die Hundegesetze schützen nicht richtig; was wirklich schützt, sollten die Bundesländer gemeinsam untersuchen.“

Weshalb man der Studie von Dr. Roiners, den Arbeiten Professor Hackbarths und den Ergebnissen von Chirurgin Rothe nicht traut, wird leider nicht erläutert.

Fazit von Lara

Abschließend ist zu sagen: Ja, unsere Hundegesetze sind nicht perfekt. Aber wenn wir sie auch tatsächlich umsetzen würden, hätten sowohl Fälle wie der in Hamburg, als auch der in Hannover, sehr wahrscheinlich verhindert werden können.

Diese Reportage hätte sehr wertvoll werden können – nun glänzt sie nur durch die Beiträge Einzelner, bleibt in ihrem Fazit und in den von ihr gezeigten Ausbildungsmethoden jedoch unterdurchschnittlich.
Da hätte ich mir vom Öffentlich-rechtlichen mehr erhofft.

P.S.: Gerade der Spiegel, ja nicht gerade immer ein Vorbild der sachlicher Berichterstattung, veröffentlichte einen sehr kritischen Bericht zur Reportage der ARD.
Autorin Anja Rützel bringt es gut auf den Punkt – und bietet mit dem eingebundenen Video auch noch einen hervorragenden Beitrag, wie Aggressionstherapie richtig geht.
Verhaltenstherapeutin Xenia Katzurke erklärt Stresssymptome, zeigt wie sich Stress abbauen lässt und welche Möglichkeiten es gibt, alternative Verhaltensweisen zu üben.
Ein tolles Zeichen, dass es auch anders geht.

Quellen
ARD Reportage, „Wie gefährlich sind Kampfhunde“, abgerufen am 14.08.2018.
Arbeiten über „Gefährliche Hunde“ der TiHo Hannover, abgerufen am 22.08.2018.

Hunde und Emotionen
Dogs recognize dog and human emotions, abgerufen am 18.08.2018
Hirn-Scan bestätigt: Hunde haben auch Gefühle, abgerufen am 18.08.2018
Timmy’s in the well: Empathy and prosocial helping in dogs, abgerufen am 18.08.2018
Hundliche Gefühle: – Freude, Spaß und Humor bei Hunden?, abgerufen am 14.08.2018.

Dominanz & Rangordnung
Dominanz – Mythos oder Realität?, abgerufen am 23.01.2018
Dominance: Reality or Myth, abgerufen am 18.08.2018
Dominanz als widerlegte Erklärung von Hundeverhalten, abgerufen am 23.01.2018
Why dog trainers will have to change their ways, abgerufen am 23.01.2018
Dominance in domestic dogs: A response to Schilder et al. (2014), abgerufen am 23.01.2018

Hundeattacken
Es gibt keine Rasse namens Kampfhund, Süddeutsche, abgerufen am 09.04.2018
Tödliche Hundeattacke – Stadt Hannover räumt Fehler ein, Süddeutsche, abgerufen am 09.04.2018
Hund Chico tötet seine beiden Halter, Magazin Deine Tierwelt, abgerufen am 09.04.2018
Terrier war nicht als gefährlich gemeldet, Spiegel, abgerufen am 09.04.2018
„Meistens beißen Hunde Menschen, die sie kennen“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, abgerufen am 09.04.2018
Kampfhundopfer Volkan – Protokoll eines vorhersehbaren Todes, Das Erste, abgerufen am 09.04.2018
Nach tödlicher Attacke Haft für Kampfhundbesitzer, Sächsische Zeitung, abgerufen am 09.04.2018
Volkan – sechzehn Jahre ist es her, Hundelobby, abgerufen am 09.04.2018
Kampfhund-Prozess: „Ich konnte den Hund nicht mehr halten“, Tagesspiegel, abgerufen am 09.04.2018
BGH bestätigt Urteil im Hamburger Kampfhunde-Prozess, Frankfurter Allgemeine Zeitung, abgerufen am 09.04.2018
„Er machte alle kalt“, Spiegel, abgerufen am 09.04.2018
Kampfhund-Prozess „Das Urteil kann das Leid nicht lindern“ , Spiegel, abgerufen am 09.04.2018
Die Angst wird bleiben, Taz, abgerufen am 09.04.2018