Achtung! Die Aussage dieser Artikelreihe ist nicht, Du könntest kein gutes Hundehaltery sein, wenn Du ein geringes Selbstbewusstsein hast! Das ist nicht wahr, ich kenne einige großartige Beispiele dafür. 🙂

Ein gutes Selbstbewusstsein ist ein Schutz gegen Stress, Fehler und eine negative Stimmung. Hier erfahrt Ihr, wie ein gutes Selbstbewusstsein Eure Wirkung auf Andere beeinflussen kann.

Ich beginne den Artikel mit einem meiner Lieblingsgedichte. Der originale Titel ist „Thinking“, ich kenne es unter „The Victor“.

The Victor

If you think you are beaten, you are
If you think you dare not, you won’t,
If you like to win, but don’t think you can
It’s almost a cinch you won’t

If you think you’ll lose, you’re lost
For out in the world you’ll find,
Success begins with a fellow’s will
It’s all in a state of mind

For many a game is lost
Ere even a play is run,
And many a coward fails
Ere even his work is begun

Think big and your deeds will grow
Think small and you’ll fall behind
Think that you can and you will
It’s all a state of mind

If you think you are out-classed, your are
You’ve got to think high to rise
You’ve got to be sure of yourself before
You can ever win a prize

Life battles don’t always go
To the stronger or faster man
But sooner or later, the man who wins
Is the fellow who thinks he can

Walter D. Wintle

Es fasst auf ganz wunderbare Art zusammen wer unsere mächtigster Verbündeter und unser größtes Hindernis auf dem Weg zu jedwedem Erfolg ist: Wir selbst. Und das, was wir über uns denken.

Was wir von uns denken, beeinflusst, was andere von uns denken

Unsere Gedanken begleiten uns Tag für Tag, rund um die Uhr. Wir können sie nicht einfach so abstellen und oft genug nerven sie uns mit Themen, die an uns nagen.
Zweifel an uns und unseren Taten begleiten viele Menschen. Sieht das gut aus? War das zu frech? Was hat er damit gemeint? War das blöd?

Ich kenne diese Zweifel gut. Ein typischer Fall sind hier Fotos: Ich bin der Meinung irgendetwas Schreckliches mit meinem Gesicht zu machen, mein Freund sieht das Foto und macht mir ein Kompliment. Inzwischen bin ich mir recht sicher, dass er mich nicht bloß veräppeln will – das, was für mich ein Grund wäre ein Bild nie zu veröffentlichen, sieht er gar nicht. Mein Problem existiert in seiner Welt einfach nicht.

Auf dieses Phänomen trifft man im Alltag ständig. Wir sind den ganzen Tag unsicher mit irgendetwas – bis uns auffällt, dass das außer uns niemanden schert. Willkommen in der wunderbaren Welt der Selbst- und Fremdwahrnehmung. 😀

Oft sehen wir Fallen, wo gar keine sind. Gerade unsere eigenen Ansprüche spielen uns hier oft Streiche. Aber niemand sieht, ob wir uns mit der Kleiderwahl unsicher sind. Oder ob da das erste graue Haar im Bart steckt. Niemand sieht das – solange wir es nicht sehen.

Um andere darauf hinzuweisen, dass etwas nicht stimmen könnte, müssen wir nichts weiter tun, als uns die ganze Zeit über Gedanken darum zu machen. Egal, ob das nun ein Fleck auf dem T-Shirt oder ein Riss in der Hose ist.
Und genau so einfach ist es auch oft, andere darüber hinweg sehen zu lassen.

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Was siehst Du? Gummistiefel und kurze Hosen oder eine stolze Lara mit ihrem tollen Hund? Foto von Manfred Kuhlmann

Noch ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung: Ich habe bunte Haare, dazu einen Sidecut und eine Vorliebe dafür, meine Kleidung zu tragen, bis sie wirklich auseinanderfällt. Besonders letzteres sieht zugegebenermaßen nicht immer elegant aus. Ich mag es aber so und fühle mich wohl damit.

Und egal, ob ich in ein Gespräch über die sinnvollste Abendplanung in Hannover gerate oder älteren Damen Tipps zur Brötchenwahl bei meinem Lieblings-Bahnhofsbäcker gebe – meine eher unübliche Optik schränkt mich und meine -vom Gegenüber zugestandene- Kompetenz in diesen Dingen nicht spürbar ein. Wieso?

Weil ich mich selbst als kompetent einschätze. Weil ich nicht denke, dass mein Aussehen oder meine Kleidung mich einschränken. Und vielleicht auch, weil ich Gespräche gern mit einem Lächeln beginne. (Ja, und ganz klar auch wegen White Privilege und anderer sozialer Vorteile, mit denen ich aufgewachsen bin.)

Aber der Kern der Sache ist dieser: Ich traue mir zu, einen sinnvollen Ratschlag zu geben. Durch mein Vertrauen in mich, können sich auch andere eher darauf einlassen, mich als vertrauenswürdig und fähig wahrzunehmen. Eine Garantie gibt es dafür nicht – aber meine Chancen steigen durch Selbstvertrauen. 🙂

In meinem Leben als Bunthaarmensch (inzwischen stolze 4 Jahre seit 2012 ;D) habe ich nur sehr selten negative Reaktionen aufgrund meiner Haare bekommen.
Auf der anderen Seite habe ich schon sehr oft, und von den unterschiedlichsten Menschen, positives soziales Feedback bekommen – unabhängig von meinen Haaren und Klamotten.
Dass die positiven Reaktionen deutlich überwiegen, führe ich nicht darauf zurück, dass sich heutzutage niemand mehr an bunten Haaren oder löchrigen Pullis stört. Denn das ist bei weitem nicht der Fall.
Es liegt an mir, meinen Privilegien – und daran, wie ich die Welt und mich sehe (und zugegeben – ich habe auch einfach oft Glück, tolle Menschen zu treffen).

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Nicht nur das Aussehen bestimmt Deine Wirkung, sondern auch Deine Haltung. Foto von Sabine Popa

Und was hat das mit meinem Hund zu tun?

Unsere Hunde sind Meister darin, uns zu lesen. Sie wissen genau wie wir uns fühlen – und handeln dementsprechend anders.
Wir kennen dieses Phänomen unter dem Begriff der Stimmungsübertragung.

Sie führt dazu das Hunde in Situationen, die für sie unangenehm sind, etwas besser zurecht kommen wenn ihre Menschen sich unbeschwert und sicher fühlen. Und andersherum auch ein Mensch, der Unbehagen verspürt, von der Selbstsicherheit seines Hundes profitieren kann.
Die Stimmungsübertragung ist eine Straße die in beide Richtungen befahren werden kann. Über sie können wir dem Hund sowohl Angst und Ärger, als auch Sicherheit und Glück unbewusst vermitteln.

Gerade für unsichere Hunde ist ein selbstbewusster, sich in seiner Umwelt gut zurecht findender Mensch deshalb wertvoll. Schwierige Situationen lassen sich durch ein freundliches und selbstsicheres Auftreten häufig deeskalieren.
Auf dieselbe Weise kann die Stimmungsübertragung eines gestressten Halters auf seinen bereits angespannten Hund eine Situation auch kippen lassen.
Schon deshalb lohnt es sich, eine grundsätzlich eher gute Laune und ein stabiles Selbstvertrauen aufzubauen. 🙂
Auch für uns ist es reizvoll, uns mit Menschen zu umgeben die uns Sicherheit vermitteln können.

Es lohnt sich, für den eigenen Hund so ein Menschen zu sein.

Heißt dass, das der eigene Hund keine schwierigen Situationen mehr erlebt, wenn der Mensch nur selbstsicher genug ist?
Nein, so einfach ist es leider nicht. Stimmungsübertragung ist real, aber sie löst gewiss nicht alle Probleme. Sie ist eine Nuance in einem weiten Feld voller Einflüsse. Ein Hund, der an der Leine eskaliert weil er einen anderen Hund sieht, braucht ganz klar Training – und keinen selbstbewussteren Halter. 😉
„Du bist einfach zu unsicher/ängstlich/nicht souverän genug“ sind Vorwürfe, die aversive Trainer ihren Kunden gerne machen. Aber es sind Schuldzuweisungen, die dem Menschen Unrecht tun. Auch ein unsicherer Mensch kann seinen Hund sicher durch schwere Situationen führen, wenn er mit dem nötigen Wissen und Trainingswerkzeug ausgestattet ist. Und dafür zu sorgen ist Aufgabe des Trainers.
Unsicher zu sein ist kein Charakterfehler! Und schon gar keine Ausrede, nur weil man als Trainer mal nicht weiter weiß. 😉
Sicherheit vermitteln können wir auch, ohne uns jedem Sturm sofort gewachsen zu fühlen. Bringen wir den Hund gut und sicher durch schwere Situationen, weil wir wissen, was wir tun, stärkt das sein Vertrauen in uns. Auch dann, wenn wir uns selbst unsicher fühlen. 🙂

Im zweiten Teil dieser Artikelserie erfährst Du, wie Du Dein Selbstbewusstsein stärken kannst.
Der dritte Teil erklärt, wie Du Deinem Hund helfen kannst, Selbstbewusstsein aufzubauen.

Quellen
Thinking, Wikipedia, abgerufen am 25.05.2018
Auch bei Stress: Wie der Herr, so’s Gescherr, abgerufen am 29.05.2018
Der Spiegel am anderen Ende der Leine, abgerufen am 29.05.2018
Stimmungsübertragung, abgerufen am, 29.05.2018
Dein Hund liest Dich – immer, abgerufen am 29.05.2018
Die richtigen Zeichen senden, abgerufen am 29.05.2018