Achtung! Die Aussage dieser Artikelreihe ist nicht, Du könntest kein gutes Hundehaltery sein, wenn Du ein geringes Selbstbewusstsein hast! Das ist nicht wahr, ich kenne einige großartige Beispiele dafür. 🙂

Was braucht es für ein solides Selbstbewusstsein?

Im ersten Teil unserer Artikelserie übers Selbstbewusstsein haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie Dein Selbstbewusstsein andere beeinflusst. Heute werden wir konkret. Was kannst Du tun, um Dir selbst ein stabileres Selbstvertrauen aufzubauen?

1. Positive Gedanken
Überprüfe Deine Gedanken:
Was ist Deine größte Stärke?
Welche Herausforderungen hast Du in der Vergangenheit gemeistert?
Was liebst Du an Dir am meisten?

Diese Fragen sind wichtig, so lange sie Dir guttun. Wenn Du anfängst, Dich selbst regelmäßig an Deine Stärken und Erfolge zu erinnern, wirst Du dadurch selbst immer stärker und sicherer.
Auf dieselbe Art schadet es uns, sich die eigenen Fehler immer wieder vor Augen zu führen. Die Zeit, die Du bislang mit Selbstzweifeln verbracht hast, könntest Du nutzen, indem Du Dir vor Augen führst, was Du schon alles geschafft hast. 🙂

Ich weiß, dass das manchmal leichter gesagt als getan ist. Und manchmal geht gar nichts mehr und die Fragen frustrieren einen nur noch, weil wir überhaupt nichts positives mehr (an uns) sehen können. Wenn Du an so einem Punkt bist, findest Du hier Hilfe, das Gute in Dir und Deiner Welt wieder zu sehen. Denn es ist da. Irgendwo, gut versteckt hinter Schichten aus Frust und Leid.

Gesteh Dir zu, Fehler zu machen. Erst das, was wir aus unseren Fehlern lernen, macht uns komplett.

2. Selbstwertschätzung
Ein typischer Fehler, den gefühlt jeder Mensch macht: Seine Fähigkeiten als selbstverständlich anzunehmen.
Das sind sie aber nicht.
Nicht jeder kann sich vor ein Publikum stellen und frei sprechen.
Nicht jeder kann sich einen Stift nehmen und einfach eine Rede schreiben.
Nicht jeder kann sofort die Butter im Kühlschrank finden.
Nicht jeder kann die ersten 151 Pokémon auswendig.
Diese Liste könnte ich unendlich erweitern, aber ich glaube das Prinzip ist klar geworden.

Als ich das erste Mal von jemandem hörte, dass er nicht wüsste, wie er innerhalb von 30 Minuten eine Geschichte schreiben sollte (und ich bereits drei mögliche Geschichten im Kopf hatte), wurde mir überraschend bewusst, dass unsere Talente wirklich unterschiedlich verteilt sind. In der Theorie wissen wir das ja alle.
Aber real zu erleben, dass jemand etwas nicht beherrscht, was für mich tägliche Routine ist (ich habe zu der Zeit sehr viel Textrollenspiel geschrieben), ist sehr viel greifbarer.

lara_orange

Freut sich über ihre bunten Haare: Lara. Foto von Lara

Also übe Dich darin, Deine Fähigkeiten zu sehen.
Ja, dazu gehören auch Dinge wie die perfekt gewürfelte Zwiebel (ich habe dafür jetzt einen Zwiebelschneider), die blühenden Pflanzen auf der Veranda (mein schwarzer Daumen tötet meine Blumen regelmäßig) und der perfekte Krawattenknoten (ha! Den kann ich auch :)).

Und vor allem: Schenk Dir selbst Anerkennung dafür.

Dein Bild muss kein Picasso sein, um die Zeichenkünste von 80% aller Menschen um Längen zu übersteigen. Und auch, wenn Du erst ein paar Minuten am Stück joggen kannst, bist Du mir damit weit voraus.
Du kannst etwas. Wenn es für Dich wertvoll ist, spielt es keine Rolle, was andere darüber denken. Du hast es drauf. Also gönn Dir auch Dein wohlverdientes Schulterklopfen.
Und wenn der Frust mal wieder anklopft, weil nichts so läuft, wie es eigentlich soll und Du am Liebsten gar nix mehr machen willst? Do it badly ist mir für diese Situationen ein Mantra und eine Hymne geworden. 🙂

3. Erfolgserlebnisse schaffen

Was uns und unserem Ego stets guttut, sind Anerkennung, Aufmerksamkeit und Erfolge.
Aber wie wird man erfolgreich?

Der erste wichtige Schritt: Daran glauben, dass man erfolgreich sein wird.

Die Selbsterfüllende Prophezeiung ist ein überaus reales Phänomen.
Sie beschreibt eine Vorhersage, die sich zu großen Teilen dadurch selbst erfüllt, dass die Personen, die erwarten, dass die „Prophezeiung“ wahr wird, sich bewusst oder unbewusst so verhalten, dass der „vorhergesagte“ Fall eintritt.
Ein typischer Fall einer Selbsterfüllende Prophezeiung, den wir aus unserem Alltag kennen, ist die Nutzung von Placebo-Medikamenten: Sie enthalten keinerlei medizinische Wirkstoffe. Solange wir das jedoch nicht wissen, glauben wir fest daran, dass sie uns gesund machen – und werden gesund.

Ich war mir sicher, mit meiner Bachelor-Arbeit einen guten Abschluss zu machen. Und trotz aller Hindernisse und Schwierigkeiten wurde daraus eine 2,0.
Weil es mir wichtig war und ich darauf hingearbeitet habe, diese Vorhersage wahr werden zu lassen, bewusst und unbewusst.

(Und, dass darf man hier nicht unterschlagen, weil ich wirklich unglaublich viel großartige Unterstützung bekam. Von vielen wirklich tollen Menschen (bei denen ich natürlich bei der ersten Anfrage schon geglaubt habe, dass sie bereit wären, mir zu helfen… ;)), die viel Zeit und Muße investiert haben und riesige Strecken gefahren sind, nur um meine Vorstellungen umzusetzen.)

Wir halten also fest:

An den eigenen Erfolg glauben.

Erfolge auch sehen. (Neue Knospe an der Orchidee? Cool! Zwei Meter „Bei Fuß“ gehen im Hundetraining klappt schon? Nice!)

Auch kleine Erfolge gebührend feiern.

Laus mit Telefon Klein

Die Laus konnte den Hörer ungeübt nur wenige Sekunden am Stück halten. Dafür gab es viel Begeisterung. Foto von fps Design

4. Verantwortung übernehmen

Es gibt nur einen Menschen auf der Welt, der Dich glücklich machen kann: Das bist Du.

Übernimm Verantwortung für Dein Leben. Und damit meine ich nicht nur für das, was Du tust, sondern auch ganz klar für das, was Du nicht tust.

Bevor Du jemandem einen Gefallen gewährst, überdenke was das für Dich bedeutet und ob Du das wirklich willst. Nein sagen fällt uns häufig schwer – aber es tut im Nachhinein manchmal gut. Und es stärkt uns selbst den Rücken, wenn wir für unsere Interessen eintreten.

Auch jemand, der nicht jede Schicht tauscht oder jede Aufgabe übernimmt, kann ein guter und wertgeschätzter Kollege sein. Lass Dich nicht ausnutzen.

Überall in unserem Leben verstecken sich Möglichkeiten, auf das kleinere oder größere Ganze Einfluss zu nehmen. Übe Dich darin, sie zu sehen und wahrzunehmen. Agiere, statt immer nur zu reagieren und stoß auch mal etwas Neues an. Nur wer etwas wagt, kann auch etwas neues erreichen.

Oder bildlicher gesprochen: Niemand hat je von Zuhause aus den Mount Everest erklommen.

5. Kenne die Regeln

Egal, in welchem Umfeld Du Dich bewegst – sei Dir der dort geltenden Regeln bewusst.

Ob als Anfänger im Golfclub oder auf dem Hundeplatz – die Regeln zu kennen (oder selbständig danach zu fragen, falls sie nicht einsehbar sind), zeugt von Interesse und Respekt.
Im gesellschaftlichen Rahmen kann eine grundsätzliche Basis-Etikette nie schaden. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, das richtige Besteck für Scampi und Austern zu kennen, sondern vielmehr um einen respektvollen und wertschätzenden Umgang miteinander.

Je besser informiert und vorbereitet wir in eine Situation starten, desto weniger Gedanken müssen wir uns machen eventuell vor anderen blöd dazustehen. Und: Auch Fachleute dürfen mal eine Frage mit „Das weiß ich nicht“ beantworten – solange das nicht ihre einzige Antwort auf alle Fragen zu ihrem Thema ist. 😉

Wir Menschen (und im Übrigen auch unsere Hunde) bewegen uns auf vertrautem Terrain sehr viel sicherer, als in der Fremde. Die jeweils gültigen Spielregeln zu kennen, hilft uns, gesellschaftliche Fehltritte und Fettnäpfchen zu vermeiden, und uns schnell in einer neuen Umgebung zurechtzufinden.
Nun wird es (hoffentlich ;)) niemanden überraschen, dass es auf dem Nichtraucher-Stammtisch unerwünscht ist, sich eine Zigarette anzuzünden. Welche Hilfsmittel und Methoden in der Hundeschule verwendet werden (dürfen), variiert jedoch je nach Trainery sehr stark. Hier kann man durch gute Vorbereitung oder Nachfragen direkt Pluspunkte sammeln – was dem Selbstbewusstsein gleich wieder guttut. 😉

Gerade im Hinblick auf gesellschaftliche Konventionen kann man im Übrigen wunderbar mit den Regeln spielen, wenn man sie beherrscht.
Es gibt dazu den schönen Leitspruch: „Wer die Regeln kennt, kann sie brechen.“

Lara Dresscode

Dresscode der heilen Klamotten? Brutal gebrochen. Dafür aber im Lara-Partnerlook. Foto von fps Design

6. Ziehe Grenzen

Ich erwähnte bereits unter Punkt 4, dass es wichtig ist, auch mal „Nein“ sagen zu können.

Wichtig dabei ist: Sag auch mal zu Dir selbst „Nein“.
Damit meine ich all die Situationen, in denen wir „nur noch mal eben schnell“ dieses oder jenes nach Feierabend erledigen wollen, unsere Pausen unnötig abkürzen oder uns keine Entspannung gönnen.

Wir müssen nicht alles sofort erledigen.
Wir müssen nicht alles sofort können.
Wir müssen nicht „noch mal fix“, wir müssen nicht „nur mal kurz“ und schon gar nicht müssen wir „nebenbei noch“.

Alles wird besser, wenn wir mit voller Konzentration dabei sind. Und wenn das gerade nicht geht? Dann ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt es zu machen.

Überfordere Dich nicht selbst.
Nimm Dir Zeit für Pausen.
Nimm Dir Zeit für Dinge, die Deinen inneren Akku aufladen.

Und lass auch mal etwas für Morgen liegen. Solange Du kein Mediziner bist, wird davon niemand sterben.

Zu einem guten Selbstbewusstsein gehört auch, sich seiner eigenen Bedürfnisse und Grenzen bewusst zu sein und Rücksicht auf sie zu nehmen.
Wer sich überarbeitet, riskiert unnötige Fehler – und Fehler sind nicht gerade das, was dem eigenen Selbstvertrauen hilft. Je besser die eigene Verfassung ist, desto bessere Leistungen können erbracht werden. Und gute Leistungen sind genau das, was wir wollen. Für uns und für unser starkes Selbstbewusstsein.

Sarai im vollen Lauf zu Lara.

Sarai im vollen Galopp zurück zu mir. Ich war anfangs skeptisch, ob sie überhaupt je freilaufen können würde. Foto von Lara

Vorsicht vor Vergleichen!

Beim Thema Grenzen ziehen müssen wir auch auf ein paar unsichtbare Grenzen achten – nämlich die Vergleiche, die wir uns oft unbeabsichtigt antun, wenn wir mal wieder bei Instagram, Pinterest und Co. feststellen, wie viel schöner, besser, reicher und glücklicher alle anderen zu sein scheinen. Sehen wir die Hunde der Anderen immer nur in 30 Sekunden Videos, auf Fotos und in Lobliedern, ist es leicht, den eigenen Hund für ziemlich anstrengend zu halten. Dasselbe Phänomen kann uns in jedem Lebensbereich erwischen.
Sarai IST ein Hund der real ziemlich anstrengend ist. ;D Schaue ich mir nun den ganzen Tag Videoschnipsel von Hunden an, die keine Angst vor ihren eigenen Näpfen haben, die ohne Hilfe durch Flure und Türen gehen, die komplexe Aufgaben lösen statt am Fenster zu eskalieren weil ein vorbeifliegender Vogel ihre Mutter beleidigt hat, dann kann das meinem Selbstbewusstsein genauso wie den Fortschritten meines Hundes großes Unrecht tun.
Wir fangen nicht alle auf derselben Null-Linie an und auch unsere Hunde tun das nicht. Sarai hat gar nicht erst bei Null angefangen, sie ist bei Minus Hundert gestartet. Wenn jetzt jemand einen Blick auf sie wirft und sie bei Minus Zehn sieht, dann erscheint ihm das wie eine ziemlich schlechte Leistung sowohl von ihr als auch von mir. Wenn ich sie mir anschaue, wie sie schon 90 große Schritte in die richtige Richtung gemacht hat, dann platze ich zurecht vor Stolz.
Es ist wichtig, die eigene Perspektive nicht aus dem Fokus zu verlieren, bloß weil alle anderen scheinbar einen Erfolg auf den anderen stapeln. 😉

Zum Abschluss habe ich noch ein Video für Euch, dass ich sehr mag. Es erklärt sehr gut die Wirkung, die wir auf andere haben können.

Du willst den ersten Teil der Artikelserie nochmal lesen? Einfach hier klicken 🙂
Der dritte Teil erklärt, wie Du Deinem Hund helfen kannst, Selbstbewusstsein aufzubauen.

Quellen
Selbsterfüllende Prophezeiung, abgerufen am 24.05.2018
So steigerst du dein Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein, Steffen Ritter, abgerufen am 24.05.2018
Wie Sie Ansehen bei Freund und Feind gewinnen, René Borbonus, abgerufen am 26.05.2018